Das Publikum in der voll besetzten Kirche wurde mitgenommen auf eine Reise zu Höhepunkten geistlicher Musik. Foto: Werner Kuhnle

Der Kirchenchor Erdmannhausen (Kreis Ludwigsburg) feierte sein Jubiläum mit einer hochkarätig besetzten Geistlichen Abendmusik in der Januariskirche.

Annegret Weigl, Pfarrerin in Erdmannhausen, sparte nicht mit Dankesworten. „Sie haben Trost, Freude und Hoffnung gesät, Sie haben eine Brücke zwischen Himmel und Erde geschlagen.“ So würdigte sie das ungewöhnliche Jubiläum, das am Abend des Palmsonntags in der Januariuskirche gefeiert wurde: Seit 100 Jahren erklingen dort die Stimmen des evangelischen Kirchenchores.

 

Namhaftes Instrumentalensemble

Dieses Jahrhundert wurde mit einer hochkarätig besetzten geistlichen Abendmusik angemessen gewürdigt. Die Stimmen des von Matthias Fuchs geleiteten Chores erklangen zu Werken von Buxtehude, Rutter, Telemann, Mendelssohn und Bach, begleitet und ergänzt vom namhaften Instrumentalensemble von Benedetta Costantini; starke Vokalsolisten setzten Akzente. Anderthalb Stunden lang wurde das Publikum in der voll besetzten Kirche mitgenommen auf eine Reise zu Höhepunkten geistlicher Musik.

Eine Reise, die einem roten Faden folgte: Zum Auftakt stellte Dietrich Buxtehudes „Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in Namen Jesu“ diesen Abend unter das wichtigste Motiv aller Kirchenmusik: Nämlich vor allem Gott die Ehre zu geben. Die Kantaten und Hymnen, die vom Glauben, von der menschlichen Sehnsucht nach dem göttlichen Heil und vom Kommen Christi erzählten, erklangen in großer Intensität. Dem Chor und den Instrumentalisten war förmlich anzuspüren, dass sie mit dem Herzen dabei waren.

Musikalische Glanzpunkte setzten die Sopranistin Ute Gerteis und Barbara Körber an der Oboe. Der ganze Erdmannhäuser Chor wusste durch Stimmgewalt und Gefühl zu überzeugen. Den starken Beifall zum Schluss nahm Matthias Fuchs zum Anlass für eine bezeichnende Zugabe: Das noch einmal angestimmte Ende der Buxtehude-Kantate „Tut alles im Namen Jesu und danket Gott und dem Vater durch ihn“ sorgte für einen würdigen Ausklang.

Bezirkskantor Andreas Willberg überreichte im Namen des Verbandes evangelische Kirchenmusik Ehrenurkunden: Renate Unger singt seit 40 Jahren im Chor, Marita Schubert und Esther Stengel jeweils 25 Jahre. Auch für den gesamten Chor gab es für das hundertjährige Singen eine Urkunde.

Vom Leichenchor zum Kirchenchor

Vor 100 Jahren begann die Geschichte der Erdmannhäuser Sänger, als der damalige Hauptlehrer Ziegler darum bat, den bisherigen Leichenchor zu einem Kirchenchor auszubilden. In der langen, wechselvollen Geschichte des Chors haben etliche Mitglieder prägende Spuren hinterlassen. Hermann Lauer zum Beispiel, der von 1941 an gut drei Jahrzehnte die Leitung innehatte. Oder Gisela Sautter, die nicht nur als Organistin musizierte, sondern auch mehr als vier Jahrzehnte lang, von 1970 bis 2016, dirigiert hat.

Momentan zählt der Chor 27 aktive Mitglieder. Matthias Fuchs betont: „Wir haben eine gute Chorgemeinschaft.“ Sie vereine sehr unterschiedliche Charaktere. Doch man schätze sich gegenseitig, so sei es möglich, gute Arbeit zu leisten. Das sei, so Fuchs, die Basis, wenn man unterschiedliche Musik machen wolle, zum Beispiel nicht nur alte, sondern auch neue Stücke einzustudieren.

Breites Repertoire

Bei rund zehn Gottesdiensten im Jahr tritt der Chor auf, aber nicht nur da. Ein beliebter Anlass sind Geburtstage von Gemeindemitgliedern. „Mendelssohn ist recht populär,“ hat der Chorleiter beobachtet. „Den mögen wir auch alle, da singen wir mit Leidenschaft!“ Im Lauf der Zeit habe sich der Chor ein breites Repertoire angeeignet, aus dem das Ensemble schöpfen kann.

Fuchs sieht eine Herausforderung darin, das erreichte Niveau zu halten. Es sei eine ständige Aufgabe, neue Sängerinnen und Sänger zu gewinnen. Über allem stünde die Grundmotivation eines christlichen Chores: „Das Lob Gottes zu singen, in Freud und Leid.“ Schließlich gelte doch: „Wir haben eine Botschaft, die über das Grab hinaus reicht.“ Singen im Chor bringe allen etwas, den Sängern wie den Zuhörern: „Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.“ Das nächste Mal schon bald: Im Gottesdienst zum Karfreitag.